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21. November 2017

Sind Ihre Mitarbeiter reif für agiles Arbeiten? (2)

Moderationsfähigkeiten, verlangsamen der Diskussion

 

ModerationkleinWer heute im Business up-to-date sein will kommt an agilen Methoden fast nicht mehr vorbei. Sei es SCRUM, Design Thinking, Kanban, Kaizen, TQM, Lean Management, Empowerment, New Work oder gar Holacraty. Sie alle versprechen so wahnsinnig viel: Schnelle Reaktion auf Veränderung, Intelligente Lösungen für unsere Probleme, Einbindung der Mitarbeiter und dadurch ungeahntes Ausmaß an Identifikation, Loyalität, Engagement.

Viele Geschäftsführer hören davon, und probieren es sofort begeistert aus. Und scheitern dann grandios schnell damit. Denn was auf dem Papier so einfach ist, ist nicht selbstverständlich. Agiles arbeiten braucht kommunikative Fähigkeiten, die nicht jeder Mensch zu seinen Stärken zählt.

 

 

Kürzlich arbeitete ich mit einem Geschäftsführer im Coaching an der Idee, anstatt seines bis dahin autokratischen Führungsstils die Mitarbeiter mehr einzubinden. Wir hatten zunächst das Affen-Management diskutiert.

 

Exkurs Affenmanagement

Sie kennen sicher das Modell: Der Mitarbeiter kommt rein: „Chef ich hab da ein Problem.“ Der Chef, als einziger wahrer Held in der Firma, übernimmt das Problem (Rückdelegation): „Ich kümmere mich darum.“ Und lässt sich so einen Affen auf die Schulter setzen. Ein zweiter und dritter Mitarbeiter machen es genauso. Und am Ende des Tages wundert sich der Vorgesetzte, warum in seinem Büro das Chaos herrscht – dabei ist nichts anderes zu erwarten, mit so vielen Affen im Büro. Die Lösung: Rückdelegation nicht zulassen. Die Mitarbeiter sollen ihre Probleme alleine lösen. Das erfordert von Chef das Loslassen der Problemlösungskompetenz und das Übertragen der Verantwortung und damit auch der Entscheidungsbefugnis auf die Mitarbeiter (Empowerment).

 

Noch nicht reif!

Soweit so gut, nun war dieser Geschäftsführer mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Je mehr er Empowerment praktizierte, desto schlechter wurden die Arbeits-Ergebnisse (was nicht am Konzept des Empowerment liegt!). Insbesondere die Qualität in der Ausführung ließ spürbar nach. Die gute Betreuung wichtiger Geschäftspartner wurde vernachlässigt, Prozesse wurden nicht mehr eingehalten. Ursache: Wenn autoritätsgewohnt Schafe keinen Zaun und keinen Schäferhund mehr haben, fehlt ihnen die Steuerung. Unsere folgerichtige Idee war: Lass doch die Mitarbeiter – in agiler Arbeitsweise - genau diese Probleme lösen. Denn agiles Arbeiten bedeutet auch Selbstorganisation, Selbststeuerung und Selbstreflexion.

Schnell gesagt, schnell gescheitert. Im nächsten Termin beschwerte sich der Manager, seine Mitarbeiter seien gar nicht in der Lage miteinander zu diskutieren. Kaum hätte einer eine Idee vorgetragen, wäre sie von anderen gleich wieder wegdiskutiert worden. Dann wurden mehrere Ideen in den Raum geworfen, aber keine war wirklich gut. Dann verzettelte man sich in Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen. Am Ende ist man ergebnislos, sauer aufeinander und frustriert, auseinander gegangen. Des Geschäftsführers Fazit: mit diesen Mitarbeitern geht das nicht. Mein Fazit: Die Mitarbeiter (und auch dieser Geschäftsführer) sind NOCH nicht Reif für agiles Arbeiten.

 

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Der Nutzen einer guten Moderation

Die Nicht-zuhören-Falle

Immer, wenn eine Gruppe miteinander diskutieren soll, stoßen wir auf die selben Probleme: Unstrukturierte Redebeiträge, Durcheinander, keine Qualität, persönliche Empfindlichkeiten, Selbstverteidigung, Rechtfertigungen und die Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes. Die Lösung: Ein Moderator.

Ein Moderator hat die Hauptaufgabe den Prozess zu lenken. Dazu gehört als allererstes, einen Plan zu verfolgen, welche Fragen in welcher Reihenfolge vom Team beantwortet werden sollen. Dabei hält der Moderator seine Teilnehmer streng am Thema und führt bei jeder Verzettelung wieder zurück auf den Roten Faden.

Die zweite wichtige Funktion des Moderators ist es, die Diskussion zu verlangsamen. Ja, richtig gelesen. Hier gilt langsamer ist schneller! Wir heutigen Business-Menschen haben die Tendenz, auf jedes Argument, mit sofort mit einem Gegenargument zu reagieren. Uns ist wichtiger etwas zu sagen, als das Gesagte zu verstehen. Gerade diese Tendenz ist einer der schlimmsten Killer für gute Ideen. Der Moderator hat die Aufgabe, jeden Redebeitrag in seiner Substanz zu erfassen und sofort schriftlich festzuhalten. Das wichtigste Instrument: Das gute alte Flipchart! (Notfalls geht auch ein „neumodisches“ Media-Board, das Aufzeichnungen direkt abspeichert, dabei Handschrift in Maschinenschrift übersetzt, Korrekturen zulässt, Bilder und Filme einbinden kann, etc.). Nachdem der Redebeitrag an der Wand steht, kann er von allen Teilnehmern viel besser erfasst, verstanden und verarbeitet werden. Nun kann man Pro und Kontra dazu sammeln. Aber, und das ist entscheidend, der Beitrag bleibt stehen und wird weiterentwickelt. Wichtiger Grundsatz:

Niemand liegt zu 100% falsch!

Schon diese ersten beiden Schritte haben im Falle des o.g. Geschäftsführers den Turnaround gebracht. Nach der nächsten Mitarbeiter-Runde gab es Ergebnisse, eine tolle Mindmap, Buy-In von den Teilnehmern, Arbeitspakete und bereitwillige Umsetzung!

 

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Der Moderator schützt vor 3 weiteren Fallen

Doch ein guter Moderator kann die Qualität der Ergebnisse noch weiter steigern. Ungeübte Diskutierer können in 2 Fallen tappen. Erstens die Rechthaber Falle. Sie argumentieren für ihre eigene Position als ob es ums Überleben ginge. Für andere Meinungen ist kein Platz in diesem Raum. Doch gerade diese anderen Meinungen brauchen wir, um die Gruppen-Intelligenz zu heben. Statt „Recht-haben-wollen“ brauchen wir maximale Neugierde. Die richtige Haltung: „Wenn ein Kollege, der mutmaßlich ähnlich intelligent ist, wie ich, eine andere Meinung hat als ich, dann muss ich verstehen warum!“ Oder:

„Wenn zwei in einem Raum einer Meinung sind, ist einer überflüssig“.

Falle 2: Die Verurteilung der Bedenkenträger. In unserem Kulturkreis hat es sich eingebürgert, die Bedenkenträger zu verurteilen. Die schießen immer gleich jede Idee ab, haben aber noch nie selber was geleistet. Haben die überhaupt ein Recht zu kritisieren? Bitte sagen hier laut ein großes „Ja!“ Das gerade genannte Argument schützt zwar gute Ideen und sorgt ein Stück weit für ein Gefühl der Gerechtigkeit. Aber wir wollen im Moment keinen künstlichen Schutz und keine Gerechtigkeit. Agiles Arbeiten bedeutet, wir brauchen exzellente Arbeitsergebnisse. Und dafür brauchen unsere ersten Ideen, die Rohdiamanten, den nötigen Schliff. Wenn ich in meinem Team einen 1a-Bedenkenträger habe, dann nutze ich seine Stärke hier aus. Er darf alle Bedenken herauslassen. Und genau diese nutzen wir dann um die Idee weiter zu verbessern. Nach dem Verstehen eines Beitrags kommt die so wichtige Debatte. Auch die ist wichtig. Denn jedes Gegenargument, das wir würdigen betrachten, bereichert unseren Wissensstand. So hat es der große Walt Disney gemacht: Nach der kreativen Phase und ersten Umsetzungsideen, sollten sich alle im Team in die Bedenkenträger-Rolle begeben. Jede Kritik war erlaubt, nur das Abschießen einer Idee war verboten. Die Zielfrage war immer, wie finden wir eine Lösung für die Bedenken.

Falle 3: Gefährliche Harmonie. Oft scheuen sich Teilnehmer davor, in die Debatte zu gehen. Sie wollen den Ideengeber nicht verletzen. Vielleicht ist die Idee ja so schon ok? Oder noch schlimmer, die Idee kam vom Chef selbst. Die Angst vor nachhaltigen Konsequenzen in der Beziehung zum Chef verhindert oft die wichtige konstruktive Diskussion. Deshalb Regel 1: Der Chef sagt seine Meinung zuletzt. Wenn sich alle zu schnell einig sind, können wir uns sicher sein, in der Group-Think-Falle gelandet zu sein. Alle fühlen sich wohl, keiner hat was gelernt. Hier ist wieder der Moderator gefragt: Er sollte nochmal jeden Teilnehmer einzeln nach seinen Bedenken fragen. Ein guter Moderator hat dabei die Körpersprache im Blick. Eine zurückgezogene Körperstellung, Füße die zum Ausgang zeigen, aufeinandergepresste Lippen, es gibt viele Zeichen, die darauf hinweisen, dass wichtige Beiträge zurückgehalten werden. Das muss geklärt werden.

 

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Emotionale Reaktionen

Wenn wir die hier angesprochenen Haltungen in unserem Team vor der Diskussion überzeugend installiert haben, sollten alle in der Lage sein, auf gesunde Weise zu diskutieren. Sollten! Aber trotzdem kommt es oft dazu, dass Teilnehmer sich angegriffen fühlen und emotional reagieren (man sagt so schön „unsachlich“). Das ist natürlich wenig hilfreich. Ein guter Moderator kennt hier 2 Möglichkeiten. Erstens: Der Beitrag des Angreifers und der Beitrag des emotional angegriffenen kommen beide – vom Moderator neutralisiert - ans Flipchart, und die Gruppe diskutiert weiter als wäre nichts gewesen. Wenn der Moderator es schafft den emotionalen Sprengstoff rauszunehmen, werden manchmal die Angegriffenen auch wieder ganz sachlich. Möglichkeit 2: Unter Moderations-Profis gilt der Grundsatz: „Störungen haben Vorrang!“ Geht man jetzt empathisch den Gründen für die Emotionalität nach, deckt man möglicherweise wichtige Probleme auf, die vorher unausgesprochen eine gute Lösung blockiert haben. Ob ich Weg 1 oder 2 wähle, mache ich oft davon abhängig, ob der Angegriffene einen grundsätzlich selbstreflektierten Eindruck macht, oder menschlich eher dünnhäutig wirkt. Wenn jemand einen guten Grund hat, in die Luft zu gehen, will ich den wissen.

 

Verantwortung übernehmen- lösungsorientiert denken

Eine letzte Sorte bremsender Breiträge muss der Moderator noch identifizieren können. In jedem Team, mit dem ich arbeite, führe ich ein Denkmodell ein: die Unterscheidung zwischen Gewinner-Denken und der Opfer-Haltung. Beide Denkweisen sind durch eine dicke „rote Linie“ voneinander getrennt. Gewinner übernehmen Verantwortung für ihre Ergebnisse. Sie denken lösungsorientiert und fragen sich permanent, was kann ich NOCH tun, um das Ziel zu erreichen. Die „Opfer“ sehen sich dagegen immer als Opfer der Umstände (gelernte Denkweise). Von Ihnen hören wir nur Rechtfertigungen, sie suchen Schuldige, sie meckern, aber sind nicht bereit etwas zu unternehmen. Sie sehen, wie der Zug gegen die Wand fährt, verschränken die Arme und sagen „da kann man eh nichts machen.“ Mit Opfer-Beiträgen kann man keine Probleme lösen. Das muss der Moderator, oder besser jeder im Team, sofort adressieren. Alle gemeinsam helfen sich dann wieder über die rote Linie und beginnen wieder, lösungsorientiert zu arbeiten.

 

Wie bekommen wir das hin?

Der Beitrag zeigt, dass agiles Arbeiten eine persönliche und kommunikative Reife von allen Teilnehmern erfordert. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Ein guter Moderator hilft. Aber soll man deswegen für jede Debatte einen Moderator buchen? Schließlich muss man zum agil sein sehr oft agil diskutieren. Mein Tipp: Organisieren Sie eine Moderatoren-Schulung für jeden, der irgendwann mal in Meetings mit diskutieren soll, oder ein entsprechendes Kommunikationstraining für Ihr Team. Man kann den Mitarbeitern ja dabei helfen, reif zu werden.

In einer Firma, einer mittelständischen Produktion von elektronischen Bauteilen, hatten wir den Plan KVP (Kontinuierlicher-verbesserungs-Prozess) einzuführen. Grundidee: alle Mitarbeiter, aller Abteilungen diskutieren regelmäßig über aktuelle Probleme, Engpässe und Verbesserungspotential. Um hier nicht jedesmal einen professionellen Moderator engagieren zu müssen, wurde die Idee geboren, jeweils unbeteiligte Mitarbeiter anderer Abteilungen als Moderatoren einzusetzen. 1 Tag Moderatorenschulung für ca. 10 Mitarbeiter hat gereicht, diese jungen kommunikativ talentierten Kollegen auf diese für sie zunächst sehr herausfordernde Tätigkeit vorzubereiten. Sie haben dabei das Diskutieren, das Notieren und das Nutzen von ein paar grundlegenden Problemlösungstechniken gelernt. Alle haben ihren Job zunächst mit großem Respekt angetreten, später aber exzellent erledigt. Dies war gleichzeitig eine wunderbare Gelegenheit, gerade junge engagierte Mitarbeiter zu fördern und daran wachsen zu lassen.

 

Wenn der Chef nicht gut moderiert

Oft werde ich auch von Mitarbeitern auf unterster Hierarchiestufe gefragt, „was sollen wir denn tun, wenn unser Chef nicht ordentlich moderiert?“ Wenn jeder im Team das Moderieren nur ein wenig verstanden hat, kann die Rolle des Moderators von Meeting zu Meeting weitergegeben werden. Oder, wenn einer merkt, das Meeting läuft chaotisch, steht er auf und fragt die Gruppe, ob er vielleicht etwas am Flipchart mitschreiben soll – schwupp: schon hat die Gruppe einen Moderator, und das agile Arbeiten nimmt seinen (erfolgreichen) Lauf!

 

Wenn Sie Lust haben, agiler zu Arbeit, oder Sie möchten Ihren Mitarbeitern das Diskutieren beibringen:

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Sind Ihre Mitarbeiter reif für Agiles Arbeiten (Teil 1) finden Sie hier...

Lesen Sie also auch Teil 3 dieser Reihe.

Teil 4 bespricht die Partizipation aller Mitarbeiter.

 

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Peter Rach

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