Verdirbt Macht den Charakter?
Konsequenzen für Ihr Führungsverhalten!
Sind Sie Führungskraft? Na gut, dann stimmt das Sprichwort natürlich nicht für Sie! Oder? An jedem Sprichwort ist ja bekanntlich auch was Wahres dran! Eine aktuelle Studie bestätigt das sogar. Aber wieso stimmt so eine wichtige, bedenkenswerte Aussage immer nur für Andere? Oder sind wir vielleicht für unsere eigene Rolle blind? Ein Grund mehr, genauer hinzuschauen.
Wie genau verdirbt Macht denn meinen Charakter? Die US-Psychologin Deborah Gruenfeld von der Stanford-Universität fand in ihren Experimenten heraus, dass mit Menschen 3 Dinge passieren, wenn sie mächtig werden.
Erstens: Sie fokussieren mehr als vorher auf ihre eigenen Bedürfnisse. Zweitens: Sie werden weniger sensibel für die Bedürfnisse ihrer Untergebenen. Drittens: Sie halten sich selbst kaum noch an Regeln, deren Einhaltung sie von anderen erwarten.
Wir alle kennen das aus unserem Business-Alltag. Der ursprünglich nette Kollege wird als Chef plötzlich unerträglich. Er darf als einziger zu spät zu Meetings erscheinen und im Meeting auf seinem Blackberry rumtippen. Er unterbricht andere, aber wehe, man hört ihm nicht zu. Seine Bedenken sind zwingend zu berücksichtigen, seine Mitarbeiter sollen sich aber nicht so anstellen. Der Chef trägt seine Kaffeetasse nie selbst zurück in die Küche. Die Liste könnte unendlich lang fortgesetzt werden.
Noch schlimmer kommt es bei Führungskräften, die aus einem sozial schwachen Milleu oder aus einfachen Berufen mit niedrigem Status stammen. Oder wenn sie aus einem anderen Grund (z.B. Körpergröße) ein geringes Selbstwertgefühl mitbringen. Gibt man Menschen mit geringem Selbstwertgefühl Macht, entwickeln Sie häufig eine Tendenz zum Sadismus. So beweist eine Studie von Nathanael Fast von der Universität von Southern California. Und Sie alle kennen sicher das erschreckende Buch/den Film „Das Experiment“, das auf wahren Begebenheiten beruht.
Die Konsequenzen sind haarsträubend. Führungskräfte wirken als Vorbilder. Doch verhält sich ein Mitarbeiter nach seinem Vorbild wird er sofort von seinem Chef abgestraft. Die Empfindung des Mitarbeiters ist: „wie unfair“! Der Mitarbeiter sollte eigentlich ein Vertragspartner auf Augenhöhe sein. Doch die vielen kleinen Gesten signalisieren die Respektlosigkeit gegenüber dem Mitarbeiter. Der Chef zeigt, wie sehr er über dem Mitarbeiter im Rang steht. Das innere Programm des Mitarbeiters schaltet um auf „Ich zeige dir, dass ich auch wichtig bin“ (ein menschliches Grundbedürfnis). Der Chef erhält einen Wichtigtuer anstatt eines kreativen engagierten Mitarbeiters. Ein anderer Mitarbeiter zieht sich aufgrund der Dominanz-Gesten zurück. Ein dritter hat Angst vor dominanten Personen und verkrampft. Das schlimmste ist, dass das Macht-Gefälle den Aufbau und Erhalt von persönlichen Beziehungen verhindert, die für das Engagement der Mitarbeiter so wichtig sind. Alles in allem führen diese Verhaltensweisen also zu einer Verschlechterung der Produktivität der Mitarbeiter.
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Wenn Sie Führungskraft sind, denken Sie jetzt sicher: „Das gilt aber nicht für mich“. Doch, das tut es. „Nein, ich mache sowas nie!“ OK, Sie natürlich nicht. Sie sind eine Ausnahme! Oder vielleicht sehen Sie es nur nicht? Und das aus verschiedenen Gründen.
Erstens: US-Wissenschaftler Michelle Duguid (Washington Universität) und Jack Goncalo (Cornell) weisen in Ihrer aktuellen Studie nach, dass Macht zur Selbstüberschätzung führt. Wenn Sie also Führungskraft sind, schätzen Sie sich mutmaßlich besser ein, als sie tatsächlich sind.
Zweitens: Es gibt den Effekt der sogenannten Manager-Blindness. Aufgrund ihrer Position und ihres Titels bekommen Manager automatisch seltener negatives Feedback. Entsprechend wird die Bilanz zum eigenen Verhalten immer tendenziell zu positiv ausfallen.
Drittens: Da die Führungskraft die Entscheidungen fällt, also immer das letzte Wort hat, führt das dazu, dass Führungskräfte die Gewohnheit entwickeln „Ich habe Recht“. Auch diese Gewohnheit verfälscht die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten.
Viertens: Alle Menschen, nicht nur Führungskräfte, sind für Teile ihres Verhaltens blind. Deshalb gibt es Feedback. Nur eben für Führungskräfte viel seltener. Schlimmer noch: Menschen (also wir alle!!!) haben die Tendenz, eigenes negatives, unrechtes Verhalten im Nachhinein zu rechtfertigen. Ein Beispiel: Ich nehme (aus Versehen) einem anderen Autofahrer die Vorfahrt. Dieser hupt mich an. Meine innere Stimme sagt mir, der hat es nicht anders verdient. Diese rechtfertigenden Denk-Mechanismen sind in der Psychologie auch unter dem Stichwort Dissonanzreduktion bekannt.
Aufgrund der negativen Konsequenzen stellt sich die Frage nach Gegenmaßnahmen. Steuern Sie immer wieder dagegen!
Erstens: Machen Sie sich die enorme Wichtigkeit von integrem, einwandfreiem Verhalten bewusst. Seien Sie immer, immer, immer ein Vorbild für Ihre Mitarbeiter.
Zweitens: Formulieren Sie ein persönliches Leitbild: „Wie will ich als Chef bei meinen Mitarbeitern ankommen?“
Drittens: Machen Sie Ihre eigenen blinden Flecken sichtbar! Beobachten Sie sich so oft wie möglich Selbstkritisch. Werden Sie hellhörig bei Rechtfertigungen, die Sie sich selber sagen. Warum brauchen Sieeigentlich gerade eine Rechtfertigung?
Viertens: Gehen Sie so oft wie möglich, gründlich und extrem ehrlich, mit sich selbst ins Gericht. Stelle Sie sich täglich sogenannte Leitfragen: u.a. „Wo war mein Verhalten heute nicht einwandfrei?“, „Wie kann ich mein Führungs-Verhalten noch weiter verbessern?“
Fünftens: Fragen Sie so oft wie möglich nach Feedback. Wünschen Sie sich schonungslose Kritik und nehmen Sie diese unkommentiert hin, um darüber in Ruhe nachzudenken. Nur unverfälschtes, ehrliches Feedback gibt Ihnen die Chance negative Verhaltensweisen zu erkennen und abzustellen. Fragen Sie sich ehrlich: „trauen sich meine Mitarbeiter mir schonungsloses Feedback zu geben“?
Sechstens: Nutzen Sie Instrumente wie 360-Grad-Feedback und formelle Führungskräfte-Feedback-Gespräche regelmäßig.
Siebtens: Verbessern Sie Ihre negativen Verhaltensweisen systematisch mit einem professionellen Coach. Insbesondere für Fälle, bei denen Sie impulsiv nicht optimal reagieren, Fälle, bei denen Sie Ihre Emotionen und Verhaltensweisen nicht unter Kontrolle haben.
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